PRESSEMITTEILUNG GHND: Braucht Dresden Hochhäuser?

Der stadtbildzerstörende „Ausbau“ des Hochhauses am Pirnaischen Platz und die Frage: Braucht Dresden Hochhäuser?

 

In Ergänzung zu ihrem Offenen Brief an den Baubürgermeister Schmidt-Lamontain vom 11.06.2018 gibt die Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden e.V. (GHND) diese Pressemitteilung auf Grund neuer Erkenntnisse durch Nachforschungen zu gleichem Thema ab.

Nach dem Generalbebauungsplan von 1967 war um die Innenstadt ein Kranz von Hochhäusern geplant. Einige davon sind wirklich gebaut worden, so auch das Hochhaus am Pirnaischen Platz nach einem Entwurf von Peter Sniegon. Als eindeutige politische Botschaft erhielt das Haus, welches nunmehr über der Stadtsilhouette dominierte, den Schriftzug „Der Sozialismus siegt“. Man konnte diesen klar und deutlich lesbaren Schriftzug über der Stadtsilhouette zum Beispiel von der Marienbrücke und Augustusbrücke aus sehen.

Obwohl noch 1994 vom Stadtrat als nicht erhaltenswert erachtet, soll dieses Hochhaus heute nicht nur saniert, sondern auch aufgestockt werden. Dass es sich um eine Aufstockung handelt, wird allerdings vom Leiter des Stadtplanungsamtes bestritten. Seiner Ansicht nach handelt es sich um einen Ausbau.
Dieser „Ausbau“ hat jedoch gravierende Auswirkungen auf den Canaletto-Blick. So würde das beleuchtete Hochhaus in der Stadtsilhouette deutlich zu sehen sein. Die GHND hat dazu eine entsprechende Simulation erstellen lassen, die dieser Mitteilung beiliegt. Auch ohne die Sanierung wären demnach die Auswirkungen gravierend. Der weitere „Ausbau“ wird jedoch zu einer noch stärkeren Beeinträchtigung führen.

Die GHND wendet sich daher gegen den „Ausbau“. Sie fordert das Stadtplanungsamt und die Bauaufsicht auf, das Genehmigungsverfahren zu stoppen und den vom Stadtplanungsamt 1994 selbst ausgearbeiteten Satzungsentwurf zu befolgen.

Der Dresdner Stadtrat hatte mit dem am 08.10.1992 beschlossenen Aufstellungsbeschluss (Absatz 1), Vorlage-Nr. 1456-50-92, für eine Satzung zum Schutz der Dresdner Stadtsilhouette ein Instrument zu schaffen versucht, das Auswüchsen Einhalt gebieten sollte und gleichzeitig einen Rückbau vorhandener Hochhäuser vorsah. Der entsprechende Satzungsentwurf des Dresdner Stadtplanungsamtes vom 05.01.1994 liegt dieser Mitteilung bei. Er ist allerdings nie Bestandteil eines Beschlusses des Dresdner Stadtrates geworden. Vielmehr bestand bis vor einigen Monaten eine „stille Vereinbarung“.

In der Begründung zum Beschluss heißt es: „Die Stadt Dresden versank 1945 in Schutt und Asche. Dem Aufbauwillen der Dresdner nach dem Krieg ist es zu danken, daß Teile der weltberühmten Innenstadt wieder entstanden und damit auch Teile seiner Silhouette. Der beschlossene Wiederaufbau der Frauenkirche, der wiedererstandene Hausmannsturm, das Dach des ehemaligen Landhauses sind Symbole für den Willen der Dresdner Bevölkerung, die historische Silhouette Schritt für Schritt zurückzuerhalten. Der Schutz dieser Ansichten ist keine Dresdner Provinzialität, sondern von europäischer Dimension.“

Als dem Dresdner Elbtal am 07. Juli 2004 der Weltkulturerbestatus durch die UNESCO zuerkannt wurde, war damit auch die Stadtsilhouette Bestandteil des Weltkulturerbes geworden. Mit der Aberkennung des Weltkulturerbestatus wurde der vorhergehende Zustand wiederhergestellt. Denn mit dem Aufstellungsbeschluss vom 08.10.1992 hatte der Dresdner Stadtrat ebenfalls einen Schutzmechanismus bis zur Verabschiedung einer Satzung beschlossen. Dieser gilt unserer Ansicht heute noch, da keine Satzung vorliegt. Darin heißt es:

Abs 2: Bis zum Wirksamwerden der erforderlichen Maßnahmen ist entsprechend dem geltenden Gesetz für den unter Punkt 1 genannten Bereich der § 13 des Denkmalpflegegesetzes der DDR (vom 19.05.1975 – GBl I Nr. 26, S. 458 in der Fassung des Kulturschutzgesetzes vom 03.07.1980, GBl I Nr. 20, S. 191) anzuwenden.

Die GHND fordert den Dresdner Stadtrat und die Stadtplanung auf, den bereits vorliegenden Satzungsbeschluss vom 05.01.1994 weiter zu verfolgen und zu verabschieden, denn zehn verschiedene Hochhausprojekte der Dresdner Stadtplanung sind in den letzten Monaten bekannt geworden. Einige davon wurden nach § 34 BauGB durch das Stadtplanungsamt genehmigt. Einige sind bereits im Bau, einige noch in der Planung. Unter dem Thema „Braucht Dresden Hochhäuser?“ wird die GHND am 29.10.2018, 18.00 Uhr im Festsaal des Landhauses (Dresdner Stadtmuseum) eine Informationsveranstaltung im Rahmen ihres Festprogramms „20 Jahre GHND“ und der anstehenden Stadtratswahl 2019 durchführen. Sie bittet die Bürger, zahlreich zu erscheinen.

Der Vorstand

Dresden, 16.09.2018

 

Die Pressemitteilung als PDF

Eingangsbild:
Visualisierung vom Standort Marienbrücke (Copyright: Arte4D/GHND e.V.)

Entwurf der Gestaltungssatzung vom 05.01.1994, Landeshauptstadt Dresden
Gestaltungssatzung 1994 als PDF

Gestaltungsgrundsätze und -regelungen, 1994, Landeshauptstadt Dresden: