Das dunkle Geheimnis vom Neumarkt

Von Anneke Müller

Morgenpost vom 15.09.2016 (Link zum Beitrag mit Abbildungen)

Dresden – Wunderschön sieht das sogenannte Triersche Haus aus, das derzeit an der Sporergasse von der Firma Kimmerle wiedererrichtet wird.

Mit dem Bau kehrt nicht nur ein Stück barocke Vergangenheit rund um den Neumarkt zurück. Auch die düstere Geschichte dieses Hauses zu Zeiten des Nationalsozialismus kommt wieder hoch.

Was heute kaum noch jemand weiß: Das Nazi-beherrschte Rathaus hatte im April 1940 im Trierschen Haus, seit 1920 in Besitz eines jüdischen Vereins für Bedürftige, eines der insgesamt 37 Dresdner „Judenhäuser“ eingerichtet.

In diesen wurden Dresdens Juden konzentriert, bevor sie ins „Judenlager Hellerberg“ und von da weiter nach Theresienstadt und Auschwitz in den Tod deportiert wurden.

Das Triersche Haus war eines der „Judenhäuser“, die bis zur Bombardierung dafür genutzt wurden.

Am 13. Februar 1945 starben dort in den brennenden Trümmern zahlreiche Juden, die ihren Deportationsbefehl für den 16. Februar bereits erhalten hatten.

Einer der Überlebenden in diesem Haus war Hermann Biber, Mitbegründer der Dresdner Jüdischen Gemeinde, der in den zwanziger Jahren 5400 Mitglieder hatte. Krieg und Verfolgung hatten am Ende gerade mal 40 überlebt.

Das alles soll nicht vergessen werden: „Der Geschichte muss Rechnung getragen werden“, so Bauherr und Juniorchef Michael Kimmerle (42). Für ihn war es keine Frage, dass neben der Wiederentstehung der barocken Schönheit, die um 1695 für den Hof- und Justitienrat J. F. Trier errichtet worden war, auch die Geschichte des Gebäudes als „Judenhaus“ mit einer Gedenktafel am Bau eingeht.

Die bekommt einen prominenten Platz – direkt unter dem spektakulären, barocken Eckerker, ein über ein Meter hoher Bronzeguss, auf dem mit einem ausführlichen Infotext an die düstere Geschichte erinnert wird.

„Wir sind sehr froh, dass das Unternehmen die Geschichte aufgegriffen hat“, sagt Nora Goldenbogen von der Jüdischen Gemeinde. Der Gedenktext entsteht in enger Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und der Jüdischen Gemeinde Dresden.

Nora Goldenbogen bedauert allerdings, dass es rund um den Neumarkt an solchen Hinweisen auf die Geschichte dieser Zeit mangelt.