Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden sagt Scheitern voraus
DNN vom 12.06.2017
Im Kulturpalast hat das Zentrum für Baukultur Sachsen seine Pforte eröffnet. Die Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden hat einen Frontalangriff gegen die Institution gestartet. Es handele sich nur um ein Instrument, um die Dresdnerinnen und Dresdner über bestimmte Denkweisen zu belehren, so der Vorstand der Gesellschaft.
Die Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden (GHND) hat die inhaltliche Ausrichtung des neuen Zentrums für Baukultur Sachsen (ZBS) im Kulturpalast scharf kritisiert. Ein Baukulturzentrum sei zu begrüßen, wenn man sich die gebauten Beispiele der jüngsten Vergangenheit am Postplatz, Straßburger Platz oder vielen anderen Stellen der Stadt anschaue, so Torsten Kulke, Geschäftsführender Vorstand der GHND. Das ZBS habe aber einen schwerwiegenden Geburtsfehler: „Es ist einseitig auf eine bestimmte Richtung im Städtebau und in der Architektur ausgerichtet“, erklärte Kulke.
Statt alle heutigen Richtungen moderner Architektur und des Städtebaus abzubilden und zu vertreten, seien die Gründungshelfer des ZBS überwiegend Mitglieder des Zeitgenossen e.V., die in den angeschlossenen Institutionen maßgebliche Positionen besetzen würden. „Der 2010 gegründete Verein tritt insbesondere dafür ein, dass sich Dresden endlich von seinen Traditionen lösen soll und sich der Moderne offen zuwendet“, so der GHND-Vorstand. Der Verein habe sich noch nie zu „Bausünden“ in Dresden öffentlich erklärt oder etwas dagegen unternommen. „Wie auch? Er ist auf allen Entscheidungsebenen eingebunden“, meint Kulke.
Städtebauliche Lösungen statt Kritik an Einzelfassaden
Es sei nicht viel vom neuen ZBS zu erwarten außer Belehrungen der Dresdnerinnen und Dresdner über bestimmte Denkweisen. „Es scheint vorprogrammiert, dass das Zentrum einseitig bestimmte Meinungen im Kanon aller architektonischen und städtebaulichen Lösungen favorisiert“, erklärte Kulke und prophezeit: „Wer aus ideologischen Gründen versucht, Bürgerinnen und Bürger zu beeinflussen, ohne wirklich ihr Herz zu erreichen, ist zum Scheitern verurteilt.“ Es sei auch zu thematisieren, ob für den Aufbau und Betrieb des Zentrums öffentliche Mittel Einsatz gefunden hätten, fordert der GHND-Vorstand. Robert Berger, Sprecher der Initiative StadtbilDD, schloss sich der Kritik an und bezeichnete das Zentrum für Baukultur als „Sprachrohr der Zeitgenossen“.
Unter dem Dach der Stiftung Sächsischer Architekten sind die Architektenkammer Sachsen, der sächsische Landesverband des Bundes Deutscher Architekten, der Deutsche Werkbund Sachsen, das Baureferat der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung, die Fakultät Architektur der Technischen Universität und die Initiative Zeitgenossen an der programmatischen Arbeit des Zentrums, das Räume im Erdgeschoss des Kulturpalastes bezogen hat, beteiligt. Matthias von Rüdiger, der Leiter des Zentrums, hatte mehrfach betont, dass es sich um eine unabhängige Institution handelt, die im gesamten Freistaat Sachsen tätig werden soll, auch wenn sie ihren Sitz in Dresden hat. Es gehe nicht darum, Kritik an einzelnen Fassaden zu üben, sondern städtebauliche Lösungen zu diskutieren.
Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Stadtrat hat die Eröffnung des Zentrums begrüßt. „Unsere Fraktion hat eine städtische Kostenbeteiligung von 25 000 Euro pro Jahr im Haushalt 2017/2018 einstellen können“, erklärte Fraktionsvorsitzender Thomas Löser. Das Zentrum sei ein wichtiger Schritt hin zu mehr Baukultur und Diskussionskultur in Dresden und Sachsen. „Wir erhoffen uns spannende Ausstellungen und vermittelnde Diskussionen zwischen Fachleuten und Besuchern.“
Von Thomas Baumann-Hartwig