Die Gesellschaft Historischer Neumarkt fordert klare Vorgaben bei der Ausschreibung und präsentiert eigene Entwürfe.
Sächsische Zeitung vom 28.08.2017
Es dürfte bald so weit sein, dass die Stadtverwaltung den Wettbewerb für die Neugestaltung des Königsufers ausschreibt. Im November könnten dem Bauausschuss die Unterlagen zur Ausschreibung vorgelegt werden, denkt Torsten Kulke, Vorstand der Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden (GHND). Doch Kulke, bekannt dafür, dass sich sein Verein gern einmischt bei Neubauten im Dresdner Stadtzentrum, mahnt jetzt mehrere Punkte an, die vor Beginn des Wettbewerbes geklärt werden müssen, wie er sagt.
Regeln für den Bau
Die GHND begrüßt den Wettbewerb ausdrücklich, der in zwei Stufen, der städtebaulichen und der architektonischen, erfolgen soll. „Es muss aber präzise Vorgaben zu Baugrenzen, Trauf- und Firsthöhen und den dahinterliegenden Grünzonen geben“, sagt Kulke. Frühere Pläne, am Königsufer einen Konzertsaal als Solitär zu errichten, seien nach der Eröffnung des Kulturpalastes nicht mehr zeitgemäß. Deshalb sollte die Idee aus den 1980er-Jahre, das Ufer mit einer großformatigen Solitärbebauung zu gestalten, fallen gelassen werden.
Vorgaben zur Nutzung
Bevor der Wettbewerb ausgelobt wird, müsse zwingend die spätere Nutzung festgelegt und diese als Aufgabenstellung festgelegt werden, sagt die GHND. Es habe wenig Sinn, erst Gebäudehüllen zu entwerfen, die später umgeplant werden müssen, weil darin künstlerisch gearbeitet statt gewohnt werden soll, so Kulke.
Bereiche der Planung
Die Bebauung des Königsufers sollte im Wettbewerb losgelöst betrachtet werden vom Bestand am Neustädter Markt mit den Brunnenanlagen sowie dem Verkehrszug der Großen Meißner und der Köpckestraße, sagt die GHND. Solange die Verkehrsführung dort nicht klar ist, habe es keinen Sinn, schon etwas mitzuplanen. „Bisher fahren dort 36 000 Fahrzeuge täglich. Es gibt zwar Ideen, den Verkehr zu verlagern, aber noch keine endgültigen. Dresden wächst, also wird der Verkehr nicht verschwinden“. so Kulke. Die Stadt sieht den Neustädter Markt als Wettbewerbsteil.
Vorschläge der GHND
Eine kleinteilige Bebauung mit Mansard- oder Satteldächern ist für die Gesellschaft optimal für den Standort. Sie soll zur Elbe hin offen sein und sich an der Höhe des Hotelkomplexes Bellevue orientieren, um beim Blick von der Brühlschen Terrasse nicht wie eine Mauer zu wirken. Außerdem gehören zum Ensemble des Königsufers die Rekonstruktion der Barockhäuser Große Meißner Straße 1,3 und 5 sowie Blockhausgäßchen 3 dazu.
Grünes Band
Die Landschaft mit dem leicht ansteigenden Ufer am Elbbogen sei einzigartig, sagt Vereinsvorstand Kulke. Die GHND plädiert für die Wiederherstellung des grünen Bandes, das sich einst mit Alleen und Grünanlagen vom Japanischen Palais bis zum Stauden- und Rosengarten zog. Die Planungen von 1930 stammten von Stadtbaurat Paul Wolf, der auf Erlwein folgte, sowie Stadtgartendirektor Heinrich Bahlke und Stadtbaudirektor Herbert Conert.
Ideen zur Nutzung
Die neuen Häuser am Königsufer im Herzen der Stadt sollten einer großen Öffentlichkeit zugänglich sein, obwohl nicht alle Grundstücke im Besitz der Stadt sind. Direkt hinter dem Narrenhäusel, an der Mitreden statt meckernKreuzung von Augustusbrücke und Köpckestraße, könnte ein Haus der Dresdner Chöre und ein Zentrum der Dresdner Musikpflege entstehen, insbesondere für Weber, Wagner und Schumann. Einst hatte Dresden mit über 300 Chören ein einzigartiges Chorwesen in Deutschland. Daneben, auf einem Grundstück des Bundes, das einst dem Kunstmäzen Johann Gottlob von Quandt gehörte, plant die GHND Atelierhäuser für junge bildende Künstler, in dem auch Lesungen stattfinden und sich Galerien ansiedeln. „Die Stadt soll diese Gebäude selbst errichten und betreiben“, heißt es im Text des Vereins. Für die benachbarten Privatgrundstücke soll im Wettbewerb eine Mischnutzung mit hohem öffentlichen Anteil vorgegeben werden. Die davorliegenden Narrenterrassen seien für die Gastronomie prädestiniert. Radfahrer sollen über die Wiesenthorstraße zum Elbradweg gelangen.
Bürgerschaft beteiligen
Um diese außergewöhnliche Stelle in der Dresdner Innenstadt zu planen und später zu bebauen, „muss die Bürgerschaft von Anfang an mit eingebunden und informiert werden, und ihr gebührt ein entsprechendes Mitspracherecht bei den Wettbewerbsbedingungen und der Besetzung der Jury“, heißt es in der Erklärung der GHND.
Lehren aus der Historie
Die Baugeschichte des Königsufers hat eine über 200jährige-Geschichte, die die GHND jetzt in einem Sonderheft des Neumarktkuriers zusammengefasst hat. Darin sind zahlreiche Entwürfe für das Ufer enthalten, unter anderem einer von Gottfried Semper, der dort die Gemäldegalerie bauen wollte. „Das neu gebaute Finanzministerium, das 1887 fertig wurde, hat heftige Kontroversen in der Bevölkerung ausgelöst, weil es wie ein Koloss am Ufer stand. Auch deshalb soll die Idee der Solitärbebauung nicht fortgesetzt werden“, so Kulke.
Das sagt die Stadt
Das Stadtplanungsamt bereitet gerade einen „städtebaulichen und freiraumplanerischen Ideenwettbewerb Königsufer und Neustädter Markt“ vor und will noch dieses Jahr dazu einladen. Bürger sollen dort eigene Ideen einbringen, sie wären also von vornherein beteiligt. Obwohl Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) die Ideen der GHND als interessanten Debattenbeitrag sieht, hält er nichts davon, im Wettbewerb klare Vorgaben zu Baugrenzen, Höhen und Grünzonen zu machen. Dies würde das Ergebnis vorwegnehmen, der Wettbewerb wäre verzichtbar.
Folgende Nutzungen kann sich die Stadt für die Gebäude vorstellen: ·private und öffentliche Kunst- und Kultureinrichtungen, Büro- und Dienstleistungen, Hotels, Gastronomie, Wohnen, kleinteiliger Handel und Versorgungseinrichtungen wie Praxen.
Die GHND favorisiert fürs Königsufer die kleinteilige Blockbebauung. © GHND/Arte4D
Rechts unten gut zu erkennen: Die Bebauung am Königsufer war 1943 nur halb so breit wie der Koloss Finanzministerium.
© Foto SLUB Dresden / Deutsche Fotothek / Walter Hahn