Nein, sagt Dresdens Baubürgermeister. Er will eine Debatte über das neue Aussehen des Platzes anschieben.
Sächsische Zeitung vom 06.09.2019
Von Kay Haufe
Jahrzehntelang wurde er wie ein Stiefkind behandelt. Einer der beiden Brunnen sprudelt nicht mehr, auch ansonsten bietet der Neustädter Markt kein gepflegtes Bild. Doch nicht nur Anwohnern, sondern vielen Dresdnern liegt er am Herzen, sie wünschen sich endlich eine Perspektive für das Eingangstor zur Neustadt. Wie diese aussehen könnte, davon sprach am Mittwochabend Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne). Erstmals erklärte er öffentlich, dass der Siegerentwurf des Wettbewerbes zu Königsufer und Neustädter Markt nicht zwingend Grundlage zur Neufassung des Platzes rund um den Goldenen Reiter sein müsse.
Darin war vorgesehen, dass auf dem Platz, auf dem jetzt Bäume und die beiden Brunnen stehen, zwei Gebäude entstehen sollen. Doch er glaube nicht, dass es momentan Bestrebungen gebe, den Neustädter Markt zu bebauen, sagte der Baubürgermeister auf dem Bürgerdialog, den der Großvermieter Vonovia initiiert hatte.
Einen Entschluss darüber könnte der Stadtrat fassen, der den Siegerentwurf noch bestätigen muss. In der Debatte könne man herausfinden, was sich die Stadtgesellschaft für den Neustädter Markt wünscht. „Ich könnte mir vorstellen, dass die Stadträte nur den Vorschlägen für das Königsufer im Entwurf zustimmen und den Neustädter Markt herausnehmen“, sagt Schmidt-Lamontain. Immerhin habe der Wettbewerb gezeigt, wie schwierig der Bereich zu bebauen ist. „Kein einziger der über 20 Entwürfe zum Platz hat mich und die Jury überzeugt.“ Dennoch sei eine neue Fassung für den Neustädter Markt wichtig. Die kann sich der Baubürgermeister aber eher mit freiplanerischen Mitteln, Bäumen oder Wegen, vorstellen.
Ganz andere Fragen hatten die über 100 Besucher des Dialoges an Alexander Wuttke, Regionalleiter der Vonovia. Sein Unternehmen hat 720 Wohnungen an der Hauptstraße und am Neustädter Markt, in denen rund 1800 Menschen wohnen. Die unsanierten, völlig runtergekommenen Plattenbauten sind das Erste, was Besucher vom Neustädter Markt sehen. Balkone, die nur noch durch Stahlanker vor dem Absturz geschützt sind, und verwitterte Fassaden bestimmen ein Bild des Platzes.
Wann wolle der Vermieter endlich etwas an den Gebäuden tun, fragten Gäste. Auch der Vonovia sei klar, dass die Häuser modernisiert werden müssen. Doch man habe erst den Wettbewerb abwarten wollen, um zu wissen, was die Stadt am Platz plant, sagt Wuttke. Momentan gebe es intensive Gespräche. Thema sind darin vor allem die beiden geplanten Durchbrüche, einmal zur Rähnitzgasse im Barockviertel und gegenüber zum Innenhof. „Wir müssen wissen, was bestehen bleiben kann.“
Nur ein Durchbruch wichtig
Auch dazu brachte der Baubürgermeister eine neue Sichtweise ein. Wichtig sei nur der Durchbruch zum Barockviertel, den anderen brauche es eigentlich nicht. Gleicher Ansicht ist die Bürgerinitiative Neustädter Freiheit. „Ihnen gehören doch die Wohnungen. Warum sagen Sie nicht einfach, dass sie keinen Durchbruch wollen“, fragt eine Besucherin den Vonovia-Vertreter. Der betont nur, dass man jetzt Gespräche führe. Aber: Keiner der Mieter solle verdrängt, sie sollen im Bestand gehalten werden. Eine gute Nachricht für Alexander Heber von der Bürgerinitiative, für die der Erhalt der gewachsenen Nachbarschaft wichtig ist. Konkreter wurde wieder der Baubürgermeister. In den Gesprächen gehe es darum, wo man der Vonovia Flächen anbieten kann, die sie mit dem Durchbruch am Neustädter Markt verliere. Das sei Grundlage für eine Einigung.
Die Hoffnung, dass am Neustädter Markt schnell etwas passiert, musste Schmidt-Lamontain den Anwesenden aber nehmen. Zwar gehören die Freiflächen alle der Stadt. Doch im aktuellen Doppelhaushalt ist für eine Aufwertung des Platzes kein Geld vorgesehen. Das könne erst für 2021/22 eingestellt werden. Zudem muss erst klar sein, was überhaupt genau passieren soll. Die Grünen hatten bereits vor den Kommunalwahlen gefordert, den Platz nicht zu bebauen. Für Thilo Wirtz, baupolitischer Sprecher der Linken, ist die Meinung der Anwohner wichtig, die keine Klötze direkt vor die Nase gebaut haben möchten. „Darauf sollten wir Rücksicht nehmen“, sagt er. Weitere Gespräche über den Neustädter Markt schlägt Veit Böhm von der CDU vor. Finanziell wäre eine Aufwertung nicht billig. Allein die Restaurierung der beiden Brunnen, die seit März unter Denkmalschutz stehen, würde nach alten Schätzungen mindestens eine halbe Million Euro kosten, heute eher deutlich mehr, sagt der Baubürgermeister.