Für ein Wiedergewinnen der westlichen Platzfront des untergegangenen Neumarkts sind die Bauarbeiten im Gange.
Die GHND erinnert daran, dass vor diesem Grundstück ursprünglich ein Gewandhaus-Neubau entstehen sollte. Die GHND hatte sich schon frühzeitig gegen eine Bebauung an dieser Stelle mit einem neuen Gewandhaus ausgesprochen. Diese Fläche wird in Kürze als städtische Freifläche mit Baumbewuchs, der die Größe des ehemaligen Gewandhauses einnehmen soll, bepflanzt.
Nach dem Verzicht auf die Gewandhausbebauung war es der Stadt leider nicht gelungen, einen für alle Bauherren geltenden verbindlichen Bebauungsplan für die zu bebauende Fläche des Quartiers VI aufzustellen. Daher gibt es keine verpflichtenden Vorschriften. Nach §34 BauGB waren deshalb alle eingereichten Entwürfe zu genehmigen.
Auch auf dem Grundstück von Nobelpreisträger Prof. Dr. Günter Blobel (Neumarkt/Ecke Frauenstraße) wurde begonnen, die Baugrube auszuheben. Die GHND hätte sich an dieser Stelle eine Rekonstruktion des Vorgängergebäudes gewünscht. Der Bauherr hat sich anders entschieden und wird einen historisierenden Neubau errichten.
Der Entwurf zeigt den Willen, den „Geist“ des Vorgängerbaus wieder entstehen zu lassen. Im Jahr 1851 hatte Heinrich Hermann Bothen das Kaufhaus „Au petit Bazar“ gebaut, das bis 1945 mit seinen klassizistischen Formen die ansonsten barocke Platzfront zum Neumarkt zum Vorteil des Platzbildes prägte. Der aktuelle Entwurf nimmt darauf zwar Bezug, vom Ergebnis sind wir indes enttäuscht. Natürlich ist eine 1:1Rekonstruktion bei einem Bauvorhaben für heutige und künftige Nutzung aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Die beim Bezug auf den Bothen-Bau gewählte Lösung muss aber insbesondere die städtebauliche Wirkung zum Neumarkt wieder herstellen, und dies ist unseres Erachtens nicht in wünschenswertem Maße gelungen.
Begründung:
Die Dachgestaltung unterscheidet sich erheblich in den First- und Traufhöhen vom Eckgebäude zum Jüdenhof. Beide Gebäude waren zum Platz hin in ihren Proportionen korrespondierend. Obwohl bei der dazwischenliegenden Bebauung ein zusätzliches Geschoss eingeschoben wird – die GHND hat dies sehr deutlich kritisiert – werden die ehemaligen First- und Traufhöhen durch den Investor USD weitestgehend eingehalten.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Ausbildung eines großflächigen Flachdaches (!). Dieses ist nach dem städtebaulich-gestalterischen Konzept für den Neumarkt unzulässig. Auf dem Flachdach soll zusätzlich ein außermittig platzierter Dachpavillon zur Aufnahme eines Aufzugs installiert werden. Die GHND lehnt dies als besonders störend für die Sicht von der Kuppel der Frauenkirche ab.
An der Gestaltung der rechten, zum Platz zeigenden Gebäudeachse sollten weitere Veränderungen vorgenommen werden, um einen überzeugenderen Übergang zum Nachbarbau herzustellen. Positiv wird der dort befindliche Hofeingang für den Innenhof wahrgenommen.
Die GHND erwartet vom Bauherrn, dass an seinem Entwurf entsprechende Änderungen vorgenommen werden, dass auf das Flachdach verzichtet und die Symmetrie im Dachbereich zwischen den beiden Eckbauten wiederhergestellt wird. Dazu ist es notwendig, die First- und Traufbereiche mehr anzugleichen. Die Stadt sollte ebenfalls darauf Einfluss nehmen.
Die GHND hat keinen Zweifel, dass sich das Bauvorhaben in seiner Qualitätsumsetzung und Materialität wesentlich von den bisher am Neumarkt entstandenen Neubauten positiv abheben wird. Gerade deshalb ist es wünschenswert, dass auf die von der GHND aufgezeigten Empfehlungen seitens des Bauherrn eingegangen werden wird.
Wir Heutigen haben gegenüber dem stadtgeschichtlichen Erbe eine Verpflichtung. Mit der von uns vorgeschlagenen Überarbeitung sollte der Bauherr dem in höherem Maße nachkommen können.
Der Vorstand Dresden, 18.2.2017