Neustädter Markt: GHND-Tagung zur Zukunft des Platzes

 

Wenn die Meinungen auch mitunter weit auseinander gingen, so ist es doch gelungen, diese Vielfalt auf respektvolle Weise in den sechs Stunden der Tagung „Der Neustädter Markt in Dresden – Geschichte, Gegenwart und Zukunft“ am 30. Oktober im Plenarsaal des Dresdner Rathauses auszutauschen.

Der Gewinner des städte- und freiraumplanerischen Ideenwettbewerbs Prof. Bernd Albers auf dem Podium. (Foto: Dresden Fernsehen)

Den Auftakt bildete ein Impulsvortrag von Torsten Kulke, der auf eine Linie in der Frage der Bebauung des Neustädter Marktes von 1946 durch Städtebauer Wolfgang Rauda bis in die heutige Zeit durch die vom Stadtrat immer wieder in den letzten 30 Jahren verabschiedeten Rahmenpläne 715, 715.1 und 715.2 hinwies. Anschließend präsentierte Dr. Stefan Hertzig den Planungsprozess, der im 18. Jahrhundert zu einer der bedeutendsten Dresdner Platzanlagen geführt hatte. Eine entscheidende Eigenschaft sei es gewesen, dass sich der beeindruckende Blick auf die Altstadt erst beim Betreten der Augustusbrücke geöffnet hatte, warum es wichtig sei, eine südliche Platzkante in geschlossener Form wiederherzustellen. Ganz anders bewertete Prof. Dr. Erika Schmidt von der Bürgerinitiative „Neustädter Freiheit“ die Platzsituation. Neben der Aufenthaltsqualität und der Bedeutung der Begrünung fürs Mikroklima unterstrich sie die architektonische Geste der „geöffneten Arme“, mit der sich die Plattenbauten in Richtung der Elbe präsentierten. Prof. Peter Stephan, Professor für Architekturtheorie und Geschichte der Architekturtheorie an der Fachhochschule Potsdam, kann der Platzanlage hingegen nicht viel abgewinnen. Bezugnehmend auf ein von Schmidt im Jahr 2019 verfasstes Gutachten, das auf eine Unterschutzstellung des Platzraumes zielt, stellte Stephan fest, dass die Dimensionen des Neustädter Marktes viel zu groß seien, um den Platz zu fassen. Der von Schmidt etwa angeführte Vergleich mit der Place de la Bourse in Bordeaux sei wenig überzeugend, weil dieser zum einen direkt am Ufer der Garonne liegt, zum anderen wesentlich kleiner bemessen ist.

Dr. Heiko Lieske von der Bürgerinitiative Neustädter Freiheit, Marc Jordi, Zweitplatzierter des Wettbewerbs, Moderator Dr. Sebastian Meyer-Stork und Prof. Bernd Albers auf dem Podium (v. l.). (Foto: Dresden Fernsehen)

Den Impulsvorträgen folgte die erste Podiumsdiskussion. Dort hatten alle Vortragenden die Gelegenheit, ihre Sicht der Dinge auszutauschen. Einigkeit bestand darin, dass die Straße erheblich verschmälert werden muss. Differenzierter fiel die Bewertung der Platzanlage aus. Prof. Stephan konstatierte: „Es gibt für mich keine harmonische Beziehung zwischen den historischen und zeitgemäßen Elementen dort. Die derzeitige Bebauung ist eine aus der Not geborene Lösung. Ich sehe keine Voraussetzung dafür, diesem Ensemble den Denkmalschutzstatus zuzuerkennen.“ Während Mäckler, Hertzig und Albers zustimmten, gab Schmidt zu bedenken, dass man die Vorgeschichte eines Ortes nicht gegen die Bedürfnisse der jetzt dort lebenden Menschen ausspielen dürfe.
Nach einer kurzen Pause folgte ein Vortrag des Preisträgers Prof. Bernd Albers, der seinen aus dem Wettbewerb hervorgegangenen Siegerentwurf erläuterte. Mit seiner geschlossenen südlichen Platzfront mit kleinteiliger Architektur orientiert er sich an der Vorkriegssituation. Es folgte Marc Jordi, der den zweiten Preisträger vorstellte. Verglichen mit dem Erstplatzierten greift er deutlicher auf den Grundriss vor 1945 zurück und sieht eine Wiederherstellung des alten Straßenverlaufs der Großen Meißner Straße vor. Auch sieht sein Entwurf eine Arkadensituation auf der Nordseite vor. Für die weitere Planung soll dieser Entwurf ebenfalls berücksichtigt werden, wie der Stadtratsbeschluss vom 16. Juli festlegt: „Der grundsätzliche Entwurf des 1. Preisträgers für das Baufeld 1 soll um Elemente des 2. Preisträgers angereichert werden. Dabei ist vor allem die kleinteilige Fassadengestaltung aufzunehmen, die sowohl straßenseitig als auch von der Uferansicht her erlebbar sein soll.“ An einer anschließenden zweiten Podiumsdiskussion nahm auch Dr. Heiko Lieske von der „Neustädter Freiheit“ teil.

Prof. Christoph Mäckler kritisiert den Zustand des heutigen Neustädter Marktes und die Qualität der Plattenbauten. (Foto: Dresden Fernsehen)

Prof. Mäckler zeigte sich irritiert von dem Umstand, dass die Bürgerinitiative u.a. von Teilnehmern des Wettbewerbs, die bereits in der ersten Runde ausgeschieden waren, gegründet wurde. Für einen Erhalt der Plattenbauten am Neustädter Markt habe er wenig Verständnis, ließ der Frankfurter Architekt mit wenig diplomatischen Worten wissen: „Diese hässlichen Kisten sind einfach Schrott. Die gehören nicht mehr saniert.“
Auf einem abschließenden dritten Podium mit Vertretern des Stadtrats herrschte Konsens über die Notwendigkeit, den Straßenverkehr am Platz massiv zu beschränken. Die Idee einer Untertunnelung, wie von der CDU-Fraktion vorgeschlagen, erfuhr wenig Gegenliebe von den Teilnehmern.

 

Den Mitschnitt der Veranstaltung finden Sie in der Rubrik Videos.

 

Presse:

https://www.sachsen-fernsehen.de/wird-der-neustaedter-markt-umgestaltet-784280/

https://www.bild.de/regional/dresden/dresden-aktuell/sie-will-das-alles-so-bleibt-kampf-um-neustaedter-markt-in-dresden-73666152.bild.html

https://www.saechsische.de/dresden/kein-denkmalschutz-fuer-neustaedter-markt-5307491-plus.html