Übers Dach aufs Polizeipräsidium

Am Neumarkt füllt sich bald die letzte Lücke. Doch ein Gebäude wird höher als geplant.

Sächsische Zeitung vom 09.02.2018

Von Kay Haufe

 

Anderthalb Jahre Verspätung, damit hatte Christoph Gröner nicht gerechnet. Sein Projekt am Neumarkt hatte viele Diskussionen und schließlich ein zweites Wettbewerbsverfahren ausgelöst. Aber nun ist der Chef der CG-Gruppe dem Baubeginn am Quartier Hoym einen großen Schritt vorangekommen, wie er sagt. Denn endlich habe man mit dem Freistaat Sachsen eine Einigung erzielt. Dieser hatte Gröner zwar das Grundstück neben dem Polizeipräsidium verkauft, auf dem der große Vierseithof, das Quartier Hoym, mit insgesamt 13 Gebäuden entstehen soll. Doch dann wurde den Verantwortlichen bewusst, dass man von den neuen Gebäuden durchaus auf das Dach des Präsidiums gelangen könnte. Aus Sicherheitsgründen wurde der Vereinbarung zwischen den Nachbarn nicht zugestimmt.

„Inzwischen haben wir einen Kompromiss gefunden“, sagt Gröner. Das bestätigt auch das Finanzministerium. An diesem Freitag soll die Vereinbarung notariell besiegelt werden. „Aber der Selbstschutz des Polizeipräsidiums kann nicht Aufgabe des Nachbarn sein“, sagt Gröner. Er hofft nun, dass die Stadt den Startschuss für das Neumarkt-Quartier gibt. Dafür hat Gröner vor einer Woche mit Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) zusammengesessen. „Ich erwarte in den nächsten zwei Wochen eine Entscheidung, dass uns die Stadt die Baugenehmigung erteilt“, sagt der Investor selbstbewusst.
Vierseithof mit 13 Gebäuden

Eigentlich wollte die CG-Gruppe schon im Vorjahr mit dem Bau beginnen. Geplant war, eines der 13 Gebäude, das Palais Hoym an der Landhausstraße, als Leitbau des Quartiers original zu rekonstruieren. Das war zunächst auch mit dem Palais Riesch vorgesehen. Doch die alten Raumhöhen von über vier Metern waren nicht mit der heutigen Nutzung vereinbar. Deshalb startete der zweite Wettbewerb, um eine Lösung zu finden, die modernen Anforderungen entspricht, aber an das historische Vorbild anknüpft. Die Jury entschied sich für den Entwurf des Berliner Architekten Tobias Nöfer.

Doch das, was Gröner jetzt bauen will, weicht von den Vorgaben im Bebauungsplan ab. So soll das Palais Riesch, das an der Rampischen Straße direkt an das Polizeipräsidium angrenzt, plötzlich eine Gesamthöhe von 26,15 Meter haben. Im B-Plan sind dagegen nur 24,20 Meter festgeschrieben. „Es war eine Forderung des Stadtplanungsamtes, dass wir die Proportionen der unterschiedlichen Gebäude noch einmal verändern. So kamen die neuen Höhen zustande“, sagt Bert Wilde, der Dresdner Niederlassungsleiter der CG-Gruppe. Nachbarn haben von der höheren Bebauung erst durch Schreiben vom Bauaufsichtsamt erfahren. Konkret heißt es, dass die Stadt das Vorhaben genehmigen und die Abweichungen zum B-Plan zulassen möchte.

Tilo Wirtz von den Linken ist überrascht von den neuen Höhen. Immerhin hat er beim Wettbewerbsverfahren zum Palais Riesch mitgearbeitet. Doch Abweichungen zum B-Plan seien dort nicht besprochen worden. „Das muss im Bauausschuss begründet werden“, fordert er. Für Grünen-Politiker Thomas Löser dagegen kann es gute Argumente dafür geben, andere Höhen zuzulassen. „Es könnten bessere Proportionen zustande gekommen sein. Doch die müssen öffentlich begründet werden“, verlangt Löser.

Die Stadt sieht in den veränderten Höhen kein Problem. Im zweiten Wettbewerb sollten die Teilnehmer ihre Vorschläge „freier aus dem städtebaulichen Zusammenhang erarbeiten“, sagt der Baubürgermeister. Damit wären gestalterisch begründete Abweichungen vom Bebauungsplan möglich. „Ziel war, einen Entwurf zu bekommen, in dem eine zeitgemäße Wohnnutzung möglich ist“, so Schmidt-Lamontain. Der Siegerentwurf hätte eine Geschossebene mehr als das historische Palais Riesch, „wurde aber im Bauausschuss und in der Stadtgesellschaft positiv aufgenommen“, sagt der Baubürgermeister.

Betroffen von der neuen Höhe des Palais Riesch ist die Kulturstiftung Historisches Bürgerhaus auf der Rampischen Straße, in der die Gesellschaft Historischer Neumarkt (GHND) ihren Sitz hat. „Ich finde es unglaublich, dass die Öffentlichkeit hier so getäuscht wurde und das Stadtplanungsamt dies im Nachgang noch zu beschönigen versucht“, sagt GHND-Vorstand Torsten Kulke. Die Nachbarn würden deutlich mehr Schatten bekommen. Dem widerspricht Bert Wilde. „Wir haben das in einem Gutachten untersuchen lassen. Es wird nicht dunkler als bei der vorher geplanten Höhe von 24,20 Metern.“

Im Quartier Hoym sollen in den sechs- und siebenstöckigen Häusern 245 Zwei- bis Vierraumwohnungen entstehen, die zwischen 45 und 100 Quadratmeter groß werden. Die Kaltmieten liegen für die seniorengerecht ausgebauten Wohnungen zwischen 14 bis 16 Euro pro Quadratmeter. Unter den Neubauten entsteht eine Tiefgarage mit rund 250 Stellplätzen. Vor 2022 wird das Quartier nach Aussage von Christoph Gröner nicht fertig sein.

Visualisierung: © CG-Gruppe
Dieser Entwurf der Häuser auf der Rampischen Straße wurde zum Wettbewerb gezeigt, worauf rechts neben dem Polizeipräsidium das Palais Riesch zu sehen ist, das soll jetzt höher werden.